ich bin dann mal kurz weg…

ich bin dann mal kurz weg…..

Bei meinem täglichen Besuch in der Schreinerei hier im Regionalhaus, wo Schwester Stephania, Schwester Adelina und drei Schreiner Möbel, Türen, usw. für die Einrichtungen des Regionalhauses fertigen, erhielt ich von Schwester Stephania eine Einladung, mitzugehen zum Holzeinkauf. Wir wollten uns am Tag danach um 6 Uhr tans. Zeit (= saa Sita/12 Uhr MEZ) treffen. Von einem anderen Termin wusste ich, dass der Holzhandel nur ¼ Stunde zu Fuß entfernt ist.

Am Morgen kurz vor 4 Uhr(=saa nne/10Uhr MEZ) wollte ich schnell eine Konstruktions-Zeichnung, die ich für die Schreinerei gemacht habe, abgeben. Der Pick up des Klosters, der mit laufendem Motor dastand, war mit Türen, Fenstern und Werkzeug beladen. Mir wurde gesagt ich solle einsteigen. Der Fahrer fuhr bis ans Klostertor (das ist hier der allgemeine Treffpunkt)und hielt dann an. Schwester Maria Goretti (= sie arbeitet in Mkenda, war aber gerade im Regionalhaus, um Vieles zu erledigen) und ein kleiner Junge mit einer ganzen Menge Gepäck wollten scheinbar bei uns einsteigen. Da man hier nur mit gut voll ausgelasteten Fahrzeugen fährt, war das für mich ganz normal. Ich wollte höflich sein, und auf die Wagen-Pritsche( das ist hier ein ganz normaler Platz für Mitfahrer) steigen, wo schon ein Handwerker von der Autowerkstatt saß. Aber die Schwester, die den Fuhrpark leitet, sagte, dass das gar nicht in Frage käme, und dass höchstens das Kind vorne einsteigen darf, es könne sich ja auf meine Knie setzen. Also stieg die Schwester Maria Goretti, die vorher noch einen Laptop und ziemlich viel Gepäck zwischen den Fahrer und mich stellte, auf die Fahrzeugpritsche und los ging die Fahrt. Ich wunderte mich, dass wir so beladen, und vor allem ohne die Schreiner-Schwester zum Holzkaufen fahren. Aber pole… pole… es wird schon werden.

Nach ca. einem Kilometer Fahrt, hielten wir an, und Richard unser Fahrer, sagte, dass wir hier auf einen „Fundi“(Handwerker) warten und warten……, nach etwa ½ Stunde stieg jemand auf die Pritsche und weiter ging es. Wir fuhren dann zügig in Richtung Songea. Der Junge auf meinen Knien war lieb und geduldig. Ich fühlte mich ein bisschen eingeengt und inzwischen war mir klar, dass wir nicht zum Holzeinkauf sondern zu einem anderen Ziel fahren. Ich nahm mir bei dieser Gelegenheit wieder einmal ganz fest vor, besser Kisuaheli zu lernen.

Nach knapp zwei Stunden Fahrt sind wir von der guten Straße abgebogen und hielten an. Richard sagte wieder(ich nehme mir fest vor, besser Kisuaheli zu lernen), wir würden auf einen „ Fundi“ warten und nach kurzer Zeit klopfte es an die Rückscheibe und wir fuhren auf einer Holperpiste weiter. Weil ich so eingeklemmt saß, konnte ich nicht sehen wer aufgestiegen war. Nach einer guten Stunde, langsam meldete mein Magen „Mittagszeit“, hielt Richard an einer „Chipsi“-Bude. Mein Magen und mein Kopf stellten sich auf Chipsi-mayai (=tans. Fastfood/frittierte Kartoffelschnitze mit verquirltem Ei darüber), das ich sehr gerne esse, ein. Doch nichts bewegte sich. Da wurde die Autotüre aufgemacht und ein Mann streckte eine Portion Chipsi und ein Getränk herein und sagte: kwa mtoto, also: für das Kind (die Bestellung wurde wahrscheinlich von der Schwester, vom Pick up herunter, organisiert). Richard startete, nach einem Blick zu mir, der auch „Mittagszeit“ sagte, nachdem an die Rückscheibe geklopft wurde. Die „Straße“ wurde immer schlechter, schlammig und rutschig. Auf einem Wegweiser stand Mozambique- aha!- wir fuhren/rutschten immer weiter. Inzwischen waren wir im tiefsten Busch. Irgendwann war eine Straßensperre mit einigen Uniformierten mit Maschinenpistolen, wir wurden kontrolliert und dann freundlich weitergeschickt(ich nehme mir fest vor, besser Kisuaheli zu lernen!). Richard erklärte mir, dass das ein Vorposten für die Grenze zu Mozambique sei, und wir seien dann bald am Ziel. Dann sah ich ein Schild: Mission. Aha-wir fahren nach Mkenda! (Da wollte ich doch immer schon mal hin!).

Mkenda ist eine noch ganz „junge“ Missionsstation, ca. 2 km von der Grenze zu Mozambique entfernt. Mkenda ist im tiefsten Busch, die Leute haben dort keine Einkommensmöglichkeiten außer ihren kargen Äckern. Fast alle Häuser haben Grasdächer, kaum eines hat Fenster oder Türen, die Armut ist offensichtlich. Drei Schwestern haben dort vor ca. zwei Jahren begonnen, eine kleine Missionsstation aufzubauen. Der Grenzverkehr von Mozambique her ist lebhaft, es haben sich tansanische Händler angesiedelt und von Mozambique kommen viele Leute herüber um Alltags-Dinge zu kaufen, die sich die einheimische Bevölkerung hier nicht leisten kann. Die Leute kommen zu Fuß oder mit den Picki-Pickis, den Motorrad-Taxis über die Grenze.

Nach ca. ¼ Stunde haben wir unser Ziel erreicht. Wir hielten vor einem kleinen, einfachen Haus an. Drei vom roten Staub völlig eingestaubte mir „fremde“ Männer und eine in rotverstaubte Kitenges eingepackte Schwester stiegen von der Ladefläche herunter. Der kleine Junge der die letzten Kilometer an mich angekuschelt geschlafen hat, wurde herausgehoben und so konnte auch ich aussteigen. Die „fremden“ eingestaubten Männer, die die Schwester etwas gefragt hatten (ich nehme mir fest vor, besser Kisuaheli zu lernen), verschwanden hinter dem kleinen Haus, und nach wenigen Minuten kamen, kaum zu glauben, schön sauber gewaschen, zwei unserer Schreiner und der Automechaniker zurück. Zusammen haben wir den Pick up abgeladen und dann wurden wir von den Schwestern Shada und Margret herzlich begrüßt. Es wurde lebhaft diskutiert (ich nehme mir fest vor, besser Kisuaheli zu lernen), gelacht (=das geht in allen Sprachen gleich) und sich umarmt und gefreut.

Ich wurde ins Haus gebeten. Die anderen Männer gingen in eine andere Hütte. „Karibu chakula“, herzlich willkommen zum Essen. Scheinbar waren wir angekündigt, denn es gab ein gebratenes Huhn( das ist das Beste, was man dem Gast bieten kann), Reis und Mboga (Blattgemüse aus Kürbisblätter) und Kartoffeln, es hat herrlich geschmeckt und ich wurde von den Schwestern gut unterhalten und befragt (ich nehme mir fest vor, besser Kisuaheli zu lernen). Gott-sei-Dank spricht Schwester Maria-Goretti Deutsch (die früheren deutschen Missionarinnen haben sie unterrichtet), und so konnte ich mich an der lebhaften Unterhaltung beteiligen.

Ich überlegte mir, dass wir den größten Teil des Rückweges in der Dunkelheit zurücklegen müssen und mir wurde etwas flau im Magen, als ich an den Zustand der Straße dachte, aber es war keine Eile zu spüren, und ich war ja der Gast, also pole..pole…

Die Schwestern erzählten mir, was sie bisher erreicht haben und was für die Zukunft geplant ist, und sie erzählten von der großen Armut der Menschen hier und von ihrer persönlichen Situation. Es gibt keine Stromversorgung und keine Wasserleitung. Demnächst wird mit Hilfe der einheimischen Männer ein kleines Gebäude aufgestellt, das als Dispensary (Krankenstation) genutzt werden soll. Die Kranken werden jetzt noch in einer einfachen Hütte mit Grasdach behandelt, es ist zu eng und es ist nicht einfach, es gut sauber zu halten. Schwester Shada hat eine kleine Haushaltungsschule nach dem Vorbild der Domestic begonnen, und die Mädchen werden in den wichtigsten Fächern für Haushalts- und Gesundheitspflege unterrichtet. Außerdem können sie (auf aus dem Ausland gespendeten alten Tret-Nähmaschinen) nähen lernen. Da die Fußwege für die Mädchen sehr weit sind, wird eine einfache Grasdachhütte als „Internat“ eröffnet. Die Mädchen schlafen auf geflochtenen Grasmatten und versorgen sich selbst mit den Produkten der Schulfelder, wie es hier in den Domestic-Schulen üblich ist. Schulgeld kann hier natürlich niemand bezahlen, die Schwestern hoffen aber, das die eine oder andere Familie vielleicht manchmal Naturalien, vielleicht ein Huhn oder etwas Maismehl für die Domestic-Küche beisteuern kann. Drei Shambas (Felder) wurden gepachtet, und werden von den Schwestern, den Schülerinnen und ein paar Männern (Tagelöhner) gerodet und dann angepflanzt. Die Kirche der Mission, ist ein Grasdach auf Pfählen, und ist liebevoll, afrikanisch hergerichtet und der Mittelpunkt der Mission.

Ich war froh, dass ich am Morgen auf der Bank meinen Geldbeutel mit Schillingen aufgefüllt hatte, so konnte ich wenigstens etwas zu den vielfältigen Aufgaben beisteuern, inzwischen haben wir auch die „Familienspender“ aktiviert, das ist wieder ein Fall von: Wenn viele Menschen, viele kleine Dinge tun………

Nach dem Essen und der Besichtigung des Projekts verabschiedeten wir uns, der Fahrer Richard, der Automechaniker und ich, die beiden Schreiner blieben in Mkenda, um in den folgenden Tagen am Haus der Schwestern die mitgebrachten Fenster und Türen einzubauen.

Mit dem letzten Tageslicht begannen wir die Rückfahrt und kurz danach war es dunkel. Richard hatte die Lage fest im Griff, und wie vorher bei anderen Fahrten vertraute ich ihm völlig. Da man ja das Auto auslastet, haben wir noch ein paar Säcke Holzkohle, die an der Straße angeboten werden, gekauft.

Die Rückfahrt durch den Busch sollte für mich ein sehr einprägsames Erlebnis werden. Nie zuvor habe ich die Schönheit dieses Landes so stark empfunden, nie zuvor in meinem Leben habe ich einen schöneren Sternenhimmel, so frei von künstlichen Lichteinflüssen, gesehen. Bis zum Horizont konnte man hunderte von kleinen Feuern, an denen sich die Bewohner zum Kochen, Essen, Plaudern und den Tag beschließen treffen, sehen.In dem großen Sumpfgebiet, das ich von der Hinfahrt kannte, hörten wir kilometerweit ein lautes Konzert der quackenden Frösche. Immer wieder, wenn ich an diese Nacht denke, bin ich dankbar, dass ich das erleben durfte. Wenn noch etwas gefehlt hätte, dieses Land zu lieben, hätte sicher diese Nacht ihr Übriges dazu getan.

Nach etwa drei Stunden Fahrt, kamen wir wieder auf die gute Straße. Nach einigen Kilometern merkte ich, dass es ein Problem mit dem Auto gibt. Richard, hatte das Problem aber im Griff. Wenn er mehr Gas geben wollte, kam der Wagen ins Schlingern, also fuhr er den Rest der Strecke diszipliniert mit etwa 60 km/h zurück. Um 23.30 MEZ kamen wir vor dem Klostertor in Mbinga an. Der Nachtwächter mit seinem Gewehr (leider braucht man das hier in diesen instabilen Zeiten) begrüßte uns zwar freundlich, sagte aber, dass er keinen Schlüssel zum Tor hat. Also rief er die Schwester, die den Schlüssel hat und die sicher schon in tiefem Schlaf lag, an. Nach einer erstaunlich kurzen Zeit, kam sie, vollständig angezogen, nur das Nachthemd hat unter dem Kleid hervorgeschaut, und sehr freundlich, um uns einzulassen. Mich hat sie dann noch mit der Taschenlampe bis zu unserer Haustür begleitet.

An diesem Tag habe ich mir viele Male vorgenommen, besser Kisuaheli zu lernen, doch am Ende dieses schönen Tages, dachte ich pole..pole……. man hat auch ohne genaue Sprachkenntnisse, wertvolle Begegnungen, tolle Eindrücke und emotionale Erlebnisse. Robert

Viele liebe Grüße an euch alle daheim – wir denken an euch und danken für eure lieben Gedanken und die Unterstützung.

Robert und Rosemarie